Stimmige Idee: die Gründung eines genossenschaftlichen Konzertchors

Auf Initiative der Gewerkschaftlichen Wohn- und Baugenossenschaft GEWOBAG wird der Genossenschaftliche Konzertchor Zürich (GKZ) gegründet. Diese Idee verleiht dem Begriff Stimmrecht eine ganz neue Bedeutung. Wohnbaugenossenschaften Zürich hat bei den Initianten Fredy Schär (Präsident GEWOBAG) und Daniel Muff (Geschäftsführer GEWOBAG) nachgefragt.

Im Bereich der Kultur gibt es viele Möglichkeiten für gemeinschaftliche Aktivitäten. Warum gerade ein Chor?
Heute geht es in einer Wohnbaugenossenschaft vornehmlich darum, schön und preiswert an guter Lage zu wohnen. Aber der Mensch lebt nicht vom Wohnen allein – eine hohe Lebensqualität entsteht auch durch eine gute Nachbarschaft. Wir konstatieren, dass sich die Gesellschaft digitalisiert, auseinanderlebt und vereinsamt – man fährt mit dem Lift von der Wohnung direkt in die Garage oder den Veloraum und begegnet seinen Nachbarn kaum noch.
Wir spüren das grosse Bedürfnis, wieder vermehrt etwas miteinander zu unternehmen. Beim Chorsingen trifft man sich, singt, lacht und lernt gemeinsam. Menschen aus unseren verschiedenen Siedlungen treffen hier aufeinander, frönen ihrer Leidenschaft und es entstehen neue Freundschaften. Etwas zu erreichen, was man alleine nicht kann, ist etwas Urgenossenschaftliches. Und auch jenen, die einfach nur gerne zuhören möchten, wird etwas geboten. Entsprechend gross ist der Publikumsandrang bei den Konzerten.

Die GEWOBAG hat ja bereits einen Chor. Warum wollen Sie eigens dafür eine Genossenschaft gründen?
Was noch zu wenig bekannt ist: Bereits heute steht der Chor allen singbegeisterten Zürcherinnen und Zürchern offen, die sich mit dem Genossenschaftsgedanken identifizieren können. Wir würden uns sehr freuen, wenn sich viele neue Stimmen aus anderen Wohnbaugenossenschaften für diese Idee gewinnen lassen. Der Konzertchor möchte sich parallel dazu weiter öffnen und auch finanziell nicht mehr von der GEWOBAG abhängig sein, sondern künftig von mehreren Genossenschaften getragen werden.

Können alle Genossenschafter:innen Mitglied werden?
Mitsingen können alle Interessierten, Genossenschafterinnen bzw. Genossenschafter werden jedoch nur Wohnbaugenossenschaften. Die angestrebten zehn bis 15 Gründungsgenossenschaften sollen Anteilscheine – zum Beispiel im Verhältnis zu ihrer Grösse – zeichnen und Stimmrecht haben. Mit Einzelpersonen würde es zu schwerfällig. Wir möchten eine schlanke Organisation mit einer überschaubaren Generalversammlung, damit sich der Chor auf seinen Sinn und Zweck konzentrieren kann.

Der Genossenschaftschor will sich solide finanzieren und auch Gönnerinnen und Sponsoren ansprechen. Wer käme dafür in Frage?
Zum einen können sich Genossenschaften, die nicht gleich Mitglied werden wollen, als Gönnerinnen mit einmaligen Beträgen engagieren. Zum anderen können wir dank dieser Organisationsform auch Beiträge anderer Sponsorinnen und Sponsoren, welche die Kultur unterstützen, für die Projekte gewinnen.

Und wer übernimmt das Organisatorische, die Arbeit rund um den Chor?
Da sind wir inzwischen sehr eingespielt. Wir haben ein Team, wir haben die Beziehungen und kennen die Auftrittsorte. Die GEWOBAG wird den Chor auch weiterhin administrativ und organisatorisch unterstützen.

In welche Richtung soll es musikalisch gehen?
Repertoire und Programm bestehen jeweils aus einem klassischen Teil, zum Beispiel Klassikern von Verdi und Puccini, und zum anderen aus bekannten Stücken aus der Filmmusik. Der Chor schlägt Brücken, musikalisch wie nachbarschaftlich. Genauso mischt sich auch das Publikum. Einige Beispiele unserer Konzerte sind auf unserer Website zu hören und zu sehen.

Das Projekt klingt ambitioniert. Wie erreicht man Konzertreife?
Dank professioneller Begleitung, intensiven Proben und zwei, drei professionellen Solistinnen und Solisten, die engagiert werden, um das Tüpfelchen aufs i beizusteuern. Ausserdem begleiten uns die rund 70 Profi-Musikerinnen und -Musiker des Orchesters Camerata Cantabile. Wir proben einmal in der Woche in der Neuen Reformierten Kirche in Albisrieden.

Wenn jemand gerne singt, aber noch keine Erfahrung hat, kann sie oder er dann trotzdem mitmachen?
Ja, natürlich. Wir haben eine professionelle Stimmtrainerin. Sie kann die jeweilige Stimmlage ermitteln und unterstützt die Chormitglieder bei der Stimmbildung. Uns ist aber etwas anderes wichtig: Wir haben zwar ein sehr hohes Niveau, aber nicht das KKL oder die Mailänder Scala, sondern der Weg ist das Ziel, also miteinander etwas zu erschaffen. Wir wollen Wohnbaugenossenschaften zusammenbringen, ihre Bewohnenden verbinden und gute Kontakte schaffen. Das Konzert in bekannten Konzertsälen ist jeweils der Höhepunkt, der Lohn für die vielen Probestunden und ein einmaliges Erlebnis für alle Beteiligten.

Sind bereits Konzerte geplant?
Ja, das nächste grosse Chorkonzert wird am 6. Oktober 2023 im KKL in Luzern stattfinden. Das Programm steht bereits fest und die Proben haben inzwischen begonnen. Es wäre schön, wenn noch ein paar Männerstimmen hinzukämen. Und der grosse Traum ist es natürlich, einmal eine Tournee zu machen.

Der Chor beginnt nicht bei Null
Die GEWOBAG hat bereits 2017 einen Chor gegründet und rund 150 Stimmen aus den eigenen Reihen dafür gewonnen. Auch verfügt dieser Klangkörper schon über Konzerterfahrung. So gab es mehrere Auftritte – einen Galaabend im KKL Luzern und zuletzt am internationalen Genossenschaftstag, dem 22. Juli 2022, zusammen mit dem Zürcher Orchester Camerata Cantabile – in der Tonhalle Zürich. Ausschnitte aus den Konzerten finden Sie hier > 
Der Genossenschaftliche Konzertchor Zürich (in Gründung) wird als Genossenschaft mit Generalversammlung, Vorstand, Administration und Chorleitung organisiert. Für Fragen steht Fredy Schär Interessierten gerne unter Tel. 079 358 54 64 oder fredy.schaer@genossenschaftschor.ch zur Verfügung.

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