HEV-Initiative: Wohneigentum auf Kosten der Genossenschaften

Zur Zeit wird die kantonale Volksinitiative «Wohneigentum wieder ermöglichen (Wohneigentums-Initiative)» in der kantonsrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben behandelt. Sie fordert, dass bei staatlich geförderten Wohnbau-Projekten mindestens die Hälfte für selbst genutztes Wohneigentum verwendet wird. Ein sogenannter «50/50-Automatismus».

Die Regelung kommt zur Anwendung, wenn Gemeinden beispiels­weise Bauland zur Verfügung stellen, Liegen­schaften erwerben oder Neu­bauten erstellen. Ferner gelten auch Dar­lehen und Hypotheken an Wohnbau­träger sowie Beteiligungen, etwa am Stiftungs­kapital, als staatliche Förderung. In solchen Fällen sollen neben Mietwohnungen mindestens ebenso viele Eigen­tums­­wohnungen entstehen. Dabei gelten fest­gelegte Bedingungen für das Eigentum: eine Selbstnutzungs­pflicht, eine 30-jährige Eigentums­­beschränkung, ein Ausschluss des Wieder­verkaufs mit Gewinn und ein gedeckelter Kaufpreis.

Schwerwiegende Konsequenzen bei Baurechtserneuerung

Besonders unverhältnis­mässig wären die Folgen bei der Erneuerung eines Baurechts. Laut der Initiative gilt die vertragliche Erneuerung bereits als «Förderung», sodass die Hälfte der Wohnungen in diesem Fall als Wohn­eigentum abgegeben werden müsste. Die Folge: Die betroffene Genossenschaft müsste entweder gegen ihre Statuten verstossen oder aber auf die Erneuerung des Baurechtsvertrags verzichten und damit einen Heimfall auslösen. In beiden Fällen würde die Hälfe der Bewohnerschaft ihre Wohnung verlieren. Nur ein sehr kleiner Anteil der Betroffenen wäre finanziell in der Lage sich ihre Wohnung als selbst genutztes Wohn­eigentum zu kaufen. Daraus ergibt sich eine massiven Verdrängung von einkommens­schwachen und mittel­ständischen Haushalten.

Ein Angriff auf die bewährte Zusammenarbeit

Die Wohn­eigentums-Initiative verkennt die bewährte Rolle und Funktions­weise des gemeinnützigen Wohnungsbaus im Kanton Zürich. Der geforderte «50/50-Automatismus» würde viele gemein­nützige Wohn­bau­träger wohl von einer Zusammen­arbeit mit der öffentlichen Hand abschrecken. Denn das Selbst­ver­ständ­nis von Genossen­schaften und Stiftungen basiert auf langfristiger, bezahlbarer Miete – nicht auf Eigentums­bildung. Mit der Initiative wird die Erstellung von mehr gemein­nützigem Wohn­raum in Zeiten von Wohnungs­mangel direkt eingeschränkt. Besonders betroffen sind mittlere und untere Einkommensgruppen, die besonders häufig in gemeinnützigen Wohnungen leben. Damit verschärft die Initiative die Verdrängung einkommens­schwacher Bewohnenden in der Stadt wie auch auf dem Land. Die Initiative verhindert somit auch eine bedarfsgerechte, flexible Wohnbau­politik und unterbindet nachhaltiges Wachstum von günstigem Wohnraum in den Gemeinden.

Der Wunsch nach mehr Wohn­eigen­tum ist legitim, er darf jedoch nicht zulasten von anderen Wohnformen realisiert werden. Die Initiative ist nicht nur ein massiver Eingriff in die Gemeindeautonomie, sondern vor allem auch ein direkter Angriff auf gemein­nützige Wohn­bau­träger. Wohnbau­­genossenschaften Zürich lehnt die Initiative darum entschieden ab und ist gespannt auf das Ergebnis der Kommissions­­beratung.

8. Juli 2025