(Empfehlungen zu Entscheidungsfindung, Kommunikation und Realisierung)
Baugenossenschaften sind lebendige, sozial vielfältig zusammengesetzte und demokratisch organisierte Gemeinschaften. Wenn sie vor umfassenden Sanierungen oder Erneuerungen stehen – Anbauten, Zusammenlegungen oder Ersatzneubauten – dann sind sie noch stärker gefordert als kommerzielle und institutionelle Bauträger. Denn von solchen Eingriffen sind die Bewohnenden nicht nur als Mietende stark betroffen. Als Genossenschaftsmitglieder haben sie bei Projekten auch selbst das letzte Wort. Deshalb braucht es eine gute Planung und überzeugende Begründungen, damit die Generalversammlung dem Antrag des Vorstandes zustimmen kann.
Der vorliegende Leitfaden basiert auf den praktischen Erfahrungen von Wohnbaugenossenschaften Zürich, welche viele gemeinnützige Bauträger in Erneuerungsprozessen begleitet. Die daraus gewonnenen Empfehlungen beziehen sich vor allem auf die Gestaltung der Meinungsbildungsprozesse. Wenn diese eine gute Qualität haben, dann wird auch das entstehende Bauwerk solide. Die Empfehlungen gehen davon aus, dass auch der planerische und bauliche Teil eines solchen Erneuerungsprozesses (strategische Planung, Prüfung aller Handlungsmöglichkeiten), rechtzeitig und sorgfältig an die Hand genommen wird.
Die Empfehlungen sind nicht als alleingültiges Rezept zu verstehen, sondern als ein Leitfaden, an dem sich prüfen lässt, ob man an alles gedacht hat. Es braucht immer Anpassungen an die spezifischen Gegebenheiten. Kein Projekt ist gleich, und jede Genossenschaft ist anders. Alle aber stehen vor der Herausforderung, ihren Wohnungsbestand im Hinblick auf künftige Bedürfnisse zu entwickeln und diesen notwendigen Prozess sozialverträglich und breit getragen zu gestalten.
Eine Baugenossenschaft erwägt eine umfassende Erneuerung, welche die Umsiedlung der Bewohnenden nötig macht. Die Gründe für ein solches Projekt sind in der Regel schlechte Bausubstanz, grosse Ausnützungsreserven und ein Wohnungsangebot, das nicht mehr dem heutigen Standard oder der künftigen Nachfrage entspricht. Zudem kann ein tiefgreifender Eingriff auch dadurch begründet sein, dass eine Genossenschaft ihren Bestand im Rahmen einer strategischen Planung in Schritten erneuern will, um nicht in 20 oder 30 Jahren mit einem kumulierten Erneuerungsbedarf konfrontiert zu sein.
Zielsetzung
Das Projekt soll so gut geplant und begründet werden, damit es in der Genossenschaft eine möglichst hohe Akzeptanz erreicht; es soll insbesondere bei den Betroffenen Verständnis finden, und negative Auswirkungen für sie sollen vermieden oder minimiert werden. Das Projekt soll so abgewickelt werden, dass es die Genossenschaft stärkt und, gemessen an ihren Zielen, den grösstmöglichen langfristigen Nutzen bringt; es soll die Grundlage dafür schaffen, dass auch spätere Vorhaben im Rahmen der strategischen Planung gut aufgenommen werden. Um Finanzrisiken zu minimieren, sollen die wichtigen Entscheide der zuständigen Gremien gefällt werden, bevor grosse Planungskosten entstehen.
Einigung
Zuerst muss sich der Vorstand über seine Absichten und sein Vorgehen einigen. Ein gemeinsames Einstehen für die gewählte Strategie ist sehr wichtig. Zudem braucht es für eine erfolgreiche Gestaltung des Meinungsbildungsprozesses eine positive Einstellung zu den Mitwirkungsrechten der Mitglieder und einen respektvollen Umgang mit anderen Meinungen. Es muss anerkannt und respektiert werden, dass die Betroffenen ihre «eigenen» Interessen vertreten. Der Vorstand muss auch bereit sein, für alle eine möglichst optimale Lösung zu finden. In einem angenehmen Klima und im Dialog kann Akzeptanz auch für «unpopuläre» Massnahmen gefunden werden.
Methode
Wir empfehlen einen mehrstufigen Informations- und Entscheidungsablauf. Insbesondere raten wir, die Generalversammlung bereits in einem frühen Stadium des Prozesses erstmals entscheiden zu lassen. Ausserdem sollen bestehende Informationsorgane und -anlässe (z. B. Siedlungskommissionen) einbezogen und allenfalls neu geschaffen werden. Die Projekte müssen für die Genossenschafter/innen verständlich und nachvollziehbar sein; sie dürfen nicht den Zielsetzungen der Genossenschaft widersprechen. Besondere Sorgfalt – das heisst genügend Zeit, Informationen und Gelegenheit zur Diskussion – erfordern natürlich Projekte in gewachsenen Genossenschaftssiedlungen mit hoher Umgebungsqualität, von historischer oder denkmalpflegerischer Bedeutung.
Ganz konkret
Die folgenden neun Schritte stellen einen ideal-typischen Ablauf dar. Sie müssen auf die Gegebenheiten der jeweiligen Genossenschaft angepasst werden. Von der Mängelfeststellung (Schritt 1) bis zum Projektentscheid (Schritt 8) muss bei grossen Sanierungen oder Ersatzneubauten mit einem Zeitraum von rund fünf Jahren gerechnet werden. Dies gibt dem Vorstand Zeit, die Grundlagen seriös zu erarbeiten, und erlaubt den Mietenden und Mitgliedern, sich mit dem für sie meist neuen Thema und den möglichen Varianten vertraut zu machen. Am Schluss muss der Antrag des Vorstands für sie auf der Hand liegen und eigentlich «logisch sein». Ein längerer Prozess erlaubt es auch, allfällige Meinungsverschiedenheiten frühzeitig auszutragen.
Schritt 1 – Mängel feststellen und weitere Abklärungen treffen
> Der Vorstand hat festgestellt, dass die Mängel in einer Siedlung einen bedeutenden Sanierungsbedarf zur Folge haben werden.
> Er macht sich erste Gedanken über die Varianten und deren Machbarkeit.
> Falls vorhanden, überprüft er seine strategische Planung auf die Aktualität.
> Er macht sich ein Bild über die Zusammensetzung der bestehenden Mieterschaft (Altersstruktur, Haushaltsformen, Einkommenssituation, Belegung), über allfällige aktuelle oder künftig zu erwartende Probleme bei der Vermietung und die finanzielle Situation.
Hinweis: Der Vorstand prüft, welches Vorgehen die Statuten vorschreiben, insbesondere für welche Bauprojekte die GV, für welche die Siedlungsversammlung und für welche er selbst Entscheidgremium ist, wer eine allfällige Baukommission wählt und ob die Statuten überhaupt so formuliert sind, dass ein einzelnes Mitglied nicht eine Erneuerung blockieren kann; er lässt sich dabei von JuristInnen beraten.
Schritt 2 – Information der Mitglieder
Der Vorstand informiert die Mitglieder über die festgestellten Mängel und über seine Absicht, weitere Abklärungen zur Machbarkeit der Varianten zu treffen. Er tut dies, ohne bereits mögliche konkrete Lösungen vorzustellen.
Schritt 3 – Zielsetzungen definieren, Problemfelder klären
> Der Vorstand macht sich vertieft Gedanken darüber, welches Mietersegment er langfristig an dieser Lage sieht; er leitet daraus die maximal mögliche Mietzinshöhe sowie die Anforderungen an die zu realisierenden Wohnungen: Den Wohnungsmix, die Wohnungsgrössen und die Wohnungsqualitäten. > Zudem werden die Qualitäten der bestehenden Siedlung, insbesondere im Wohnumfeld abgeklärt.
> Für eine grosse Sanierung oder einen Ersatzneubau muss mit einer klaren Zielformulierung sichergestellt werden, dass die neuen Qualitäten nicht hinter die alten zurückfallen.
> Der Vorstand überlegt sich, wer bei welcher Variante in welcher Form betroffen ist, welche Fragen und Probleme für die Betroffenen auftreten könnten, und welche Lösungen denkbar sind.
> Der Vorstand erarbeitet ein Vorgehens- und Informationskonzept für die weiteren Schritte.
Hinweise: Ev. ist eine Revision der Statuten notwendig, sodass sie sowohl einem demokratischen Prozess als auch den baulichen Zielen der Genossenschaft entsprechen. Die Zielsetzungen sollten so gewählt werden, dass keine zu grosse Differenz zu den heute dort Wohnenden entsteht. Wenn sie sich teilweise selber als mögliches Zielpublikum sehen oder die gewählten Zielsetzungen gut nachvollziehen können, ist ein Projekt besser abgestützt. Falls es in der Genossenschaft Siedlungskommissionen gibt, muss frühzeitig geregelt werden, welche Rolle diese im Prozess spielen. Es empfiehlt sich eine ausgewogene Dichte anzustreben, sodass die bisherige, meist hohe Umgebungsqualität erhalten bleibt.
Schritt 4 – Zielsetzungen kommunizieren und erste Massnahmen einleiten
> Information an einer GV oder Mieterversammlung über die generellen Zielsetzungen (was braucht es dort für Wohnungen, für wen, zu welchem Preis?) und die machbaren Varianten, die der Vorstand prüfen will.
> Änderung der Vermietungspraxis: Es werden nur noch befristete Mietverträge ausgestellt (ohne Aufnahme als Mitglied) und Information der betroffenen Siedlung(en).
> Minimierung des Unterhalts auf das Notwendigste.
> Evtl. Erhöhung des Abschreibungssatzes für die Siedlung innerhalb der steuerlichen Möglichkeiten. Damit wird ein Restwert bei Rückbau verringert.
Hinweis: Argumente wie «schlechte Vermietbarkeit» oder «drohende Ghettoisierung» sind ein Affront gegenüber den bisherigen Bewohnenden. Überzeugender sind Fakten zur (Unter-)Belegung oder zur Fluktuation der Mieterschaft.
Schritt 5 – Varianten erarbeiten
> Es wird empfohlen, zwei bis drei Varianten zu untersuchen:
1) werterhaltende Fortführung
2) Renovation, die zum angestrebten Standard führt
3) Ersatzneubau.
Die Grundlagen dafür bilden eine Gebäudediagnose, Kostenschätzungen (Erfahrungswerte können bei Wohnbaugenossenschaften Zürich abgefragt werden) und Vergleichsobjekte. Dabei wird auch der Restwert* des Landes nach Abbruch berücksichtigt. Die Varianten werden in einem Vergleich mit allen Vor- und Nachteilen zusammengestellt. Bei Ersatzneubau wird geprüft, ob eine etappierte Realisierung möglich ist.
> Der Vorstand macht sich für die verschiedenen Varianten Gedanken zu einem Etappierungs- und Umzugskonzept (Etappierungen erleichtern ev. die Umsiedlung), über den Terminablauf und über die Ausweichangebote.
> Er entscheidet, ob er für einen Teil der Wohnungen Subventionen beantragen will, um bisherigen Mietenden mit kleinem Einkommen ein Verbleiben in der Siedlung zu ermöglichen (besonders Familien und Ältere).
> Zudem wird geklärt, ob mit internen Möglichkeiten (Solifonds, günstigere Finanzierungsannahmen, Einsetzen des Durchschnittswertes der Finanzierung der Genossenschaft, etc.) die Anfangsmietzinse verbilligt und/oder allenfalls gestaffelt werden können.
Hinweise: Der Vorstand muss sich auch über Bauabsichten anderer Genossenschaften im Quartier informieren und seine Termin-planung darauf abstimmen. So kann verhindert werden, dass mehrere Siedlungen gleichzeitig in einen Umbruch geraten. Zudem kann mit den Nachbar-genossenschaften die gegen-seitige Unterstützung mit Aus-weichangeboten für Mietende geregelt und evtl. die Öffent-lichkeitsarbeit koordiniert werden. (Siehe dazu auch «Es lohnt sich, soziale Nachhaltigkeit einzuplanen.»)
Schritt 6 – Information über Ergebnisse und beabsichtige Stossrichtung
> Der Vorstand lädt die direkt Betroffenen an eine Informationsveranstaltung ein. Er berichtet über die geprüften Varianten mit allen Vor- und Nachteilen, über die weiteren Schritte und stellt den Antrag an die allfällige GV vor (siehe Variante). Die Zielsetzungen für die Sanierung oder die Erneuerung sind Teil des Antrags und damit Auftrag an den Vorstand (Wohnungsmix, Wohnungspreis basierend auf definierten Werten, Hypothekarzinssatz, Teuerung, etc.).
> Der Vorstand muss glaubhaft darlegen, dass und wie er sich um die bisherigen Mietenden kümmert, damit sie zum Zeitpunkt eines allfälligen Abbruchs konkrete Angebote nutzen können. Das kann zum Beispiel ein Umzug in noch nicht betroffene Etappen, in eine andere Siedlung oder in eine Nachbargenossenschaft sein.
> Die Verwaltung muss ihre Hilfe und Unterstützung insbesondere bei älteren Mietenden in Aussicht stellen. Sie muss für die Anliegen der Betroffenen offene Ohren haben.
> Der Vorstand erstellt ein Informationsdossier und verschickt es nach der Veranstaltung, damit alle Genossenschaftsmitglieder auf dem aktuellsten Stand sind. Eventuelle Hinweise aus der Informationsveranstaltung können noch berücksichtigt werden.
Hinweise: An der Informationsveranstaltung werden bereits jene Fragen und Unklarheiten auftauchen, die auch an einer allfälligen GV zu erwarten wären. Auf diese kann sich der Vorstand mit zusätzlichen Abklärungen entsprechend vorbereiten. Vor der entscheidenden GV kann der Vorstand zu einer Besichtigung von erfolgreich realisierten Aufwertungs- und/oder Ersatzneubauprojekten anderer Genossenschaften einladen. Das Bedürfnis nach einer solchen Besichtigung kann mit einem Fragebogen im Informationsdossier eruiert werden.
Variante Schritt 6 – Grundsatzentscheid zur Stossrichtung des Projekts durch GV
Wenn der Grundsatzentscheid zur Stossrichtung des Projekts getroffen ist, macht der Vorstand eine Umfrage bei den Betroffenen und ermittelt ihre persönlichen Präferenzen (Verbleiben in der Siedlung, Umsiedlung innerhalb der Genossenschaft, Umsiedlung in benachbarte BG, etc.). Die Ergebnisse bilden auch eine Grundlage für die Etappierungsplanung.
> Es kann sehr sinnvoll sein, die Meinung der gesamten Genossenschaft zur vom Vorstand bevorzugten Stossrichtung des Projekts an einer GV einzuholen. Dies empfehlen wir (unabhängig von den statutarischen Vorschriften) besonders dann, wenn die Informationsveranstaltung zeigt, dass das Projekt grösseren Widerstand weckt. Mit dem Grundsatzantrag wird sinnvollerweise auch ein Wettbewerbs- und oder Projektierungskredit verbunden.
> Die zusätzliche GV ersetzt jedoch nicht die spätere GV, welche den konkreten Projekt-Entscheid zu fällen hat.
Schritt 7 – Wettbewerb, Ausstellung und GV-Antrag
> Studienwettbewerb: Der Vorstand organisiert allenfalls mit professioneller Unterstützung ein Konkurrenzverfahren auf der Grundlage der Zielsetzungen. In der Jury muss der Vorstand sehr gut vertreten sein. Das Preis-Leistungsverhältnis der neuen Wohnungsangebote muss möglichst exakt verglichen und beurteilt werden. Hinweis: Der Vorstand soll sich überlegen, ob er bewusst ein Vorstandsmitglied aus der betroffenen Siedlung in die Jury abordnen will. Die Jury kann auch durch Expertinnen und Experten ohne Stimmrecht ergänzt werden.
> Ausstellung der Ergebnisse: Die Genossenschaftsmitglieder werden an einer Ausstellung der Projekte über das Resultat des Konkurrenzverfahrens informiert. Es lohnt sich sehr, geführte Besichtigungen anzubieten. Hinweis: Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist es angezeigt, auch die weitere Nachbarschaft sowie ev. die Medien über das geplante Vorhaben zu informieren.
> Vorbereiten des GV-Antrags: Aufgrund des Wettbewerbsergebnisses entscheidet der Vorstand über das zu verfolgende Projekt und bereitet den Antrag zuhanden der Generalversammlung vor.
Schritt 8 – Projektentscheid
Die Generalversammlung bzw. das laut Statuten zuständige Organ entscheidet über das Projekt und dessen Kreditrahmen.
Schritt 9 – Umsetzung des GV-Entscheids
> Der Vorstand gibt das OK zur Projektentwicklung bis zur Baueingabe.
> Er stellt den Informationsfluss zu den Betroffenen sicher und erarbeitet eine konkrete Planung für die Umzüge.
Mit der Architektur werden feste bauliche Rahmenbedingungen gesetzt, die sich entweder fördernd oder aber hemmend auf die Gemeinschaft auswirken. Hier finden Sie Hinweise darauf, mit welchen baulichen Massnahmen bei Neubauten und Renovationen eine lebendige Nachbarschaft gefördert und wie die Planungsprozesse dazu gestaltet werden können.
Unter Gemeinschaft fördernder Architektur verstehen wir gute architektonische Rahmenbedingungen, die eine gemeinsame Identität vermitteln, damit sich die Menschen in den Häusern und Siedlungen wohlfühlen und begegnen können. Neben der Wahrung der Privatsphäre soll auch ein gewisses Mass an sozialem Kontakt möglich sein und Verhalten wie Vandalismus, etc. vermindert werden. Gemeinschaft förderndes Verhalten erleichtert den sozialen Kontakt zur Nachbarschaft.
Wichtig ist die individuelle Beurteilung der nachfolgend aufgelisteten Massnahmen auch im Hinblick auf das angestrebte Zielpublikum der Siedlung unter Berücksichtigung der längerfristigen Veränderungsmöglichkeiten. Zudem gilt es auch, die verschiedenen Bedürfnisse der Altersklassen oder Haushaltsformen zu berücksichtigen. Oft vergessen gehen dabei die Jugendlichen.
Grundsätzliche Architektur der Liegenschaften
> Beschränkte Anzahl Wohnungen pro Treppenhaus. Ab ca. 15 bis 20 Wohnungen nimmt die Anonymität zu.
> Erschliessung der Hauseingänge über den Hof statt einzeln über Zugänge von aussen
> Wegführung nach Sicherheitsempfinden planen
> Grosszüge Eingangsbereiche
> Sichere, hindernisfreie und helle Räume
> Orientierung und Identität schaffen mit wiederkehrenden Elementen
> Begegnungsorte und offene Flächen, aber auch versteckte Winkel
> Waschsalons als Treffpunkte mit Platz für Tisch und Stühle an attraktiven Orten (Dach oder Parterre)
> Gemeinsam nutzbare Dachterrasse mit Strom- und Wasseranschlüssen, am besten verbunden mit einem Gemeinschaftsraum mit Küche;
> Flexible Nutzungen: Wohnraum für verschiedene Lebensphasen
> Kombination von Wohnen und Arbeiten (zumietbare Ateliers) und Gewerberäume
> Zugang zur Tiefgarage über zentrale Eingänge und sorgfältig gestaltete Garagen- und Kellerzugänge
> Balkone und Loggias, die bei Wahrung der Privatsphäre Kontakte zu Nachbarn ermöglichen
> Abstellflächen für Kinderwagen und Velos auf dem Eingangsgeschoss.
Gemeinschaft fördernde Massnahmen in der Siedlung
> Kostengünstige Ateliers oder nutzungsneutrale Räume im Erdgeschoss, die allenfalls für gemeinschaftliche Aktivitäten oder Selbsthilfeinitiativen genutzt werden können. Auf jeden Fall Mietende berücksichtigen, die dem Quartier und der Siedlung dienen oder die einen Treffpunkt für Menschen ermöglichen
> Attraktive Zugänge zu den Häusern, die sich kreuzen und die Begegnungsplätze schaffen
> Freundliche Eingangsbereiche zu den Häusern, die auch zum Verweilen einladen, allenfalls mit Sitzgelegenheiten
> Generell auf die subjektiven Sicherheitsgefühle bei der Beleuchtung, der Umgebungsgestaltung und der Randbepflanzung der Zugangswege achten
> Aus den Wohnungen nicht einsehbare tote Winkel vermeiden; Gemeinschaftsräume an guter Lage (Belieferung, Lärmemissionen), die von Bewohnenden für gemeinsame Aktivitäten, aber auch private Anlässe gratis oder kostengünstig genutzt werden können
> Möglichst zentraler Standort der Briefkastenanlagen
> Informationstafeln an so zentralen Stellen, dass man sie nicht übersehen kann und sie von den Bewohnenden genutzt werden können, evtl. bei zentralem Standort Briefkasten
> Genügend hoher Anteil an Gemeinschaftsflächen im Aussenraum mit auf der Siedlung verteilten Spielflächen mit Angeboten für jedes Alter
> Sitzgelegenheiten in den Grünräumen, evtl. sogar gedeckt, so dass sie auch bei schlechtem Wetter und im Hochsommer anziehend sind. Aufenthaltsräume auch für Jugendliche
> Bestimmen eines Ortes im Aussenraum für Siedlungsfeste mit elektrischen Anschlüssen und fliessend Wasser sowie WC
> Aufstellen eines Gemeinschaftsgrills.
(Siehe dazu auch Leitfaden «Integration – Ein Zuhause beginnt bei der Willkommenskultur»)
Dem gegenüber stehen Gemeinschaft hemmende Massnahmen
> Liftzugang aus der Wohnung direkt in die Parkgarage
> Zugang zur Wohnung für Fussgänger durch die Garage
> Nichteinsehbare Balkone, Terrassen, Loggien
> Keine Gemeinschaftsflächen und Spielplätze in der Umgebung oder nur auf einer Seite
> Bereits installierte Waschmaschinen in den Wohnungen
> Völlig isolierte und separate Zugänge zu den Häusern
> Wohnungen im Parterre mit Aussenräumen angrenzend an Spielflächen
> Spielflächen für mittlere und grössere Kinder bei Wohnungen für ältere Menschen.
Potenziale entdecken dank Architekturwettbewerb oder Studienauftrag
Ein Konkurrenzverfahren enthält eine Fülle von Aussagen über bauliche Rahmenbedingungen. Mit der Nennung von Gemeinschaft fördernden Anforderungen in einem Bauprogramm erhält dieser Aspekt Gewicht. Die Bauherrschaft drückt damit aus, dass ihr diese Aspekte im Neubau oder der Erneuerung wichtig sind. Dann ist notwendig, dass ein Jurymitglied oder eine Fachperson die Projekte unter diesen Aspekten im Detail prüft bzw. bereits in der Vorprüfung darauf eingegangen und darüber Bericht erstattet wird. Mögliche Fragen bei der Beurteilung könnten sein:
> Wo treffen sich die Menschen?
> Wo haben ältere Menschen, Familien, Jugendliche ihren Platz?
> Gibt es Gemeinschaftsräume und wie sind diese in Bezug auf Immissionen und Zugänglichkeit situiert? Sind sie für den Zweck geeignet?
> Lädt der Begegnungsraum zum Verweilen ein?
> Wo besteht keine Einsicht und soziale Kontrolle, wo könnten Konflikte entstehen?
> Ist ein Rückzug ins Private möglich?
Gemeinschaft fördernd wirkt der Einbezug der Bewohnenden, sei dies in der Gestaltung des Aussenraums (inkl. Spielplätzen) oder der Einrichtung von Gemeinschaftsräumen. Bei einem Neubau lernen sich die neuen Bewohnenden so einfacher kennen und können ihre Vorstellungen einbringen. Es kann deshalb von Vorteil sein, nicht alle Details bereits vorher zu regeln, sondern dies mit den Bewohnenden zu tun. Bei allen Neubauten oder nach Umbauten treten zudem nach dem Einzug meist noch Probleme und neue Fragen auf. Werden diese gemeinsam in einem Haus oder einer Siedlung besprochen und die Bewohnenden einbezogen, lernen sich diese kennen und können sich erste soziale Netze bilden. So haben auch Petitionen an Vorstände oder Geschäftsstellen ihre Gemeinschaft fördernde Wirkung.
Die Frage, ob es sinnvoll ist, Wohnungen für ältere Menschen im Bereich der Familienwohnungen zu integrieren oder ob diese eher an ruhigen Lagen der Siedlung positioniert werden sollen, wird verschieden gehandhabt. Die Erfahrung zeigt, dass es in grösseren Siedlungen sinnvoll sein kann – zur Prävention von späteren Generationenkonflikten – Wohnungen für ältere Menschen eher als Schwerpunkt an einen ruhigen Standort zu legen, wobei es immer wieder ältere Menschen gibt, die es schätzen, mitten im Familiengetümmel zu leben. Die gleiche Frage stellt sich beim Wohnen von Alleinstehenden.
Die ökologische Nachhaltigkeit ist beim Bauen zu einer schon fast zwingenden Maxime geworden. Wirtschaftliche Zielsetzungen sind für die meisten Bauträger ohnehin ein Muss. Zu einer umfassenden Nachhaltigkeit gehört aber neben der ökologischen und ökonomischen auch die soziale Dimension.
Gerade gemeinnützige Bauträger, für die im Gegensatz zu gewinnorientierten Immobilienunternehmen nicht die Rendite, sondern die Bedürfnisse ihrer Mitglieder im Vordergrund stehen, sollten auch den sozialenFaktoren genügend Aufmerksamkeit schenken. Denn die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales sind eng miteinander verknüpft: Wer die soziale Nachhaltigkeit berücksichtigt, profitiert auch wirtschaftlich, etwa durch geringere Fluktuation, weniger Vandalismus, Beteiligung der Bewohnenden an der Umgebungspflege und Nachbarschaftshilfe, weniger Fehlplanung und höhere Akzeptanz bei Bauprojekten usw.
Während für ökologisches und ökonomisches Bauen normierte Anforderungen und Kriterien bestehen, gibt es zur gesellschaftlichen Dimension der Nachhaltigkeit sehr wenige Anleitungen. Selbst wenn Wohnbaugenossenschaften sozialen Zielsetzungen grosses Gewicht geben, fehlen ihnen meist konkrete Instrumente zur Planung und Evaluation.Dieses Kapitel legt deshalb ein besonderes Augenmerk auf die sozialen Indikatoren für nachhaltiges Bauen und Wohnen. Ziel soll es sein, Qualitätsstandards für soziale Nachhaltigkeit zu definieren. Dies kann als Grundlage dienen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Bewohnenden, Architektur- und Planungsbüros, Fachpersonen aus dem Genossenschaftswesen und Immobilienverwaltungen sowie aus der sozialen Arbeit. Er soll im Sinne eines Baukastensystems flexibel nutzbar sein. Die nachfolgenden Indikatoren sind nicht als Planungsvorgabe, sondern als Orientierungshilfe und Anregung gedacht.
Aspekte der Planung
Mitwirkung: Die Genossenschaftsmitglieder sollen in die Planung von Projekten einbezogen und ihre (zielgruppenspezifischen) Bedürfnisse berücksichtigen werden:
> Mitsprache der aktuellen oder künftigen Bewohnenden in verschiedenen Kommissionen/Gremien
> Gemeinsame Planung von baulichen Verbesserungsmassnahmen
> Persönliche Gestaltungsmöglichkeiten im Aussenraum
> Planung des Kinderspielplatzes mit Einbezug der Kinder
> Förderung und Begleitung von demokratischen/partizipativen Prozessen
Mitwirkung kann sehr unterschiedlich gestaltet werden, von der reinen Information über die Anhörung bis hin zur Mitverantwortung oder sogar Selbstorganisation. Solche Partizipationsprozesse zu gestalten, ist anspruchsvoll.
Bezahlbare Mieten: Je nachdem empfiehlt sich die Einplanung von
> Budgetwohnungen mit kleinerer Fläche oder tieferem Ausbaustandard.
> Vergünstigung eines Teils der Wohnungen für finanziell benachteiligte Bevölkerungsgruppen mit eigenen oder Mitteln der Wohnbauförderung
Transparenz: Eine offene Kommunikation (auch für die Nachbarschaft und Quartierorganisationen) in allen Phasen der Planung sicherstellen.
Quartiernutzungen: Prüfen, ob Bedürfnisse der öffentlichen Hand für die Quartierentwicklung miteinbezogen werden können.
Architektur und Aussenräume
> Anforderungen für das Konkurrenzverfahren definieren (gemäss Kapitel «Gemeinschaft fördernde Architektur»)
> Gemeinschaftsanlagen möglichst mit den Bewohnenden gestalten
> Gemeinschaftlich nutzbare Innen- und Aussenräume mit Infrastruktur (Festbänke und Tische, Beschattung, ev. Beamer und WiFi) ausstatten
> Einbezug von spezifischen Nutzergruppen, Kooperation mit Externen (Kinderhort, Alterswohngruppe, Vereinen usw.)
Transparente Kommunikation
Der Abbruch bzw. Neubau einer Siedlung hat Auswirkungen auf die betroffene Bewohnerschaft. Sie hat es verdient, wenn man ihr frühzeitig reinen Wein einschenkt. So ein Projekt hat aber immer auch Auswirkungen auf das Quartier und die Nachbarschaft. Je nach Umständen muss geprüft werden, wie und ob die Umgebung informiert werden soll. Eine frühzeitige Information und Lobbyarbeit schafft Akzeptanz für das geplante Projekt. Die Quartiervertretungen wie Quartiervereine, benachbarte Wohnbauträger, die interessierte Öffentlichkeit und die Medien sollen regelmässig entsprechend angepasste Informationen zum Vorhaben erhalten.Der frühe Einbezug und die sorgfältige Information aller Betroffenen und Mitwirkenden im Quartier stärkt das Image der Bauträgerschaft und fördert die Attraktivität der Wohnungen im künftigen Neubau. Die Lobbyarbeit beim Quartierverein und den Institutionen und Einrichtungen im Quartier hilft mit, später passende Ersatzwohnungen und Unterstützung für die betroffenen Bewohnenden zu finden.
Die Neu- und Ersatzneubautätigkeit von Wohnbaugenossenschaften ist gross. Damit ein solches Vorhaben gelingt, müssen rechtzeitig zahlreiche Weichen gestellt und Entscheide gefällt werden. Die nachfolgenden Kapitel gehen davon aus, dass die Strategie breit abgestützt ist und dem Bauentscheid im Grundsatz bereits zugestimmt wurde. Ausserdem wurden bereits die planerisch-baurechtlichen Situation – zum Beispiel hinsichtlich dem Inventar für schützenswerte Bauten – sowie die finanzielle Machbarkeit sorgfältig geklärt.
Grundsätzlich durchläuft jedes Bauprojekt – ob klein oder gross, einfach oder komplex – den gleichen Entwicklungs- und Bauprozess: Vorstudien, Vorprojekt, Bauprojekt, Bewilligungsverfahren, Ausschreibung, Realisierung (Leistungsmodell gemäss Ordnung SIA 112). Um die Qualität dieses Prozesses und des Ergebnisses sicherzustellen, gilt es, die nächsten wichtigen Schritte zu unternehmen.
Zielsetzungen für den Prozess der Projektentwicklung
Vom Beginn der Planung bis zum Bezug vergehen mehrere Jahre. Es sind verschiedene Akteurinnen und Akteure involviert und Ressourcen der Genossenschaft gefragt. Deshalb ist es wichtig, den Prozess der Projektentwicklung verbindlich zu gestalten. Dies gewährleistet:
> Die Ausgangslage für das Projekt ist geklärt, die Grundlagen sind gesichert.
> Die personellen Ressourcen, die Besteller- und andere Fachkompetenzen stehen bereit.
> Die massgeblichen Amtsstellen werden miteinbezogen.
> Es bestehen Rechts- und Planungssicherheit
> Die Ziele und Erwartungen der Wohnbaugenossenschaft an das Bauvorhaben werden erreicht.
Personelle Ressourcen und Fachkompetenz
Die Planung eines Neubaus beansprucht grosse personelle Ressourcen und fordert verschiedene Fachkompetenzen. Es ist zu klären, ob diese in der eigenen Genossenschaft gegeben sind. Wenn nicht und im Zweifelsfall empfiehlt es sich, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Bauherrschaft muss bereits in der Planungsphase unter anderem folgende Entscheide fällen und Aufgaben wahrnehmen:
> Entscheid über den Projektentwicklungsprozess
> Definition der Projektorganisation
> Definition der Projektziele und des Pflichtenhefts: Raumprogramm, ökonomische, ökologische und soziale Ziele, Termine usw. bei Konkurrenzverfahren: Ausschreibung und Wahl eines Planungsbüros für die Vorbereitung und Durchführung, Auswahl der Jury und der teilnehmenden Architekturbüros sowie die Juryarbeit selbst
> Informationsfluss zu allen Beteiligten
Dringend empfohlen: Konkurrenzverfahren
Wohnbaugenossenschaften Zürich empfiehlt für die erste Phase des Projektentwurfs und der Architektenwahl grundsätzlich (ausser bei sehr einfachen Bauvorhaben), ein Konkurrenzverfahren durchzuführen. Detaillierte Informationen dazu finden sich in unserem Leitfaden «Wegleitung zum Konkurrenzverfahren». Von der Vergabe von Direktaufträgen wird abgeraten. Auch wenn die Genossenschaft einen bewährten Hausarchitekten hat, empfiehlt es sich, die Chancen des Konkurrenzverfahrens zu nutzen und die Vielfalt der Projektvorschläge als breite Entscheidungsgrundlage zu nutzen. Der Hausarchitekt kann dank seiner guten Kenntnisse der Ausgangslage weiterhin ein wertvoller Berater sein.
Zur Durchführung dieses Verfahrens kann die Genossenschaft ein spezialisiertes Planungsbüro beauftragen; dieses kann später allenfalls auch die Rolle der Bauherrenbegleitung übernehmen. Wohnbaugenossenschaften Zürich stellt Ihnen eine Liste geeigneter Büros zur Verfügung und berät und begleitet Sie beim Auswahlverfahren.
Insbesondere bei grösseren und komplexen Projekten empfehlen wir, bereits beim Entscheid über die Form des Konkurrenzverfahrens und bei der Erarbeitung des Wettbewerbsprogrammes die bewilligenden Amtsstellen miteinzubeziehen. In der Stadt Zürich sind das das Amt für Städtebau AfS und das Amt für Baubewilligungen Zürich. Diese Amtsstellen sind gerne bereit, im Projektentwicklungsprozess frühzeitig mitzuarbeiten; ihr Einbezug lohnt sich auch deshalb, weil sie später massgeblich für den reibungslosen Baubewilligungsablauf verantwortlich sind.
Spezialfall Arealüberbauung
Die Baugesetze vieler Gemeinden erlauben ab einer bestimmten Grundstücksgrösse eine Mehrausnützung. Das kantonale Planungs- und Baugesetz PBG knüpft daran jedoch erhöhte Anforderungen an die Gestaltung der Bauten und Aussenräume.
Die Bau- und Zonenordnung BZO der Stadt Zürich erlaubt z. B. bei einer Grundstücksfläche ab 6‘000 m2 eine Arealüberbauung mit einem Ausnützungsbonus. Dafür muss neben den Forderungen des PBG ausserdem der Standard Minergie-P-Eco erfüllt werden. In der langjährigen Praxis der Stadt Zürich gilt ferner, dass es für eine Arealüberbauung ein Planungsverfahren in Konkurrenz (in Anlehnung an die SIA-Ordnung 142/143) braucht; dafür wird dann in der Regel auf eine Beurteilung des Projekts durch das Baukollegium verzichtet (das Baukollegium besteht aus externen Fachleuten und Mitgliedern der Verwaltung und ist ein beratendes Organ des Stadtrates und der Baubewilligungsbehörde). Angesichts dieser qualitativen Anforderungen empfiehlt es sich, das Amt für Städtebau AfS (die spätere Bewilligungsbehörde) bereits in der Phase der Projektentwicklung zu begrüssen. Sinnvoll ist es, dem AfS einen Sitz in der Jury einzuräumen. Zur Vorbereitung des Konkurrenzverfahrens empfiehlt das AfS, mittels einer Machbarkeitsstudie oder Testplanung die städtebaulich verträgliche Ausnützung bzw. Dichte zu überprüfen und festzulegen.Im Fall eines Direktauftrags an ein Architekturbüro für eine Arealüberbauung ist die Beurteilung des Bauvorhabens durch das Baukollegium zwingend; damit sind wesentliche Prozessrisiken verbunden.
Abweichende Vorschriften in anderen Gemeinden: Die minimale Grösse eines Grundstücks, welche zu einer Arealüberbauung berechtigt, die gewährleistete zusätzliche Ausnützung, energetische Anforderungen sowie weitere Vorschriften können von Gemeinde zu Gemeinde verschieden sein.
Wichtige Links zum Thema:
> «Wegleitung zum Konkurrenzverfahren» (Download), Wohnbaugenossenschaften Zürich
> Für weitere Auskünfte und Beratungen: Wohnbaugenossenschaften Zürich, Andreas Gysi, Leiter Immobilienentwicklung & Akquisition, Mail
Bei Vorhaben in der Stadt Zürich:
> Für die Prozessbegleitung: Amt für Städtebau AfS der Stadt Zürich
> Für die Baubewilligung: Amt für Hochbauten der Stadt Zürich
> Für den Einbezug der Denkmalpflege >
Dieser Leitfaden empfiehlt – in Ergänzung zu unserer Dokumentation «Schritt für Schritt zur nachhaltigen Erneuerung» und im Speziellen das Kapitel «Empfehlungen zu Projektentwicklung und Planung» – bei grösseren und komplexen Bauvorhaben in der ersten Phase der Projektplanung immer ein Konkurrenzverfahren zu wählen.
Die wichtigsten Gründe für ein Konkurrenzverfahren:
> Im Rahmen der Formulierung des Wettbewerbsprogrammes werden die Bedürfnisse der Wohnbaugenossenschaft frühzeitig diskutiert und geklärt: Raumprogramm, Energiestandard, Aussenraumgestaltung, Kostenziele bzw. Zielmieten, Etappierung usw.
> Bei der Vorbereitung werden erste Kontakte mit allen Beteiligten geknüpft (Amtsstellen, Nachbarn, Fachspezialisten, Mitglieder der Genossenschaft).
> Von den Wettbewerbsteilnehmenden können verschiedene Aspekte des künftigen Baus erfragt werden: konzeptionelle, gestalterische, ökologische, wirtschaftliche, technische.
> Wenn zu diesen Aspekten verschiedene Lösungsvorschläge vorliegen, schälen sich oft die schwierigsten Aspekte heraus; so können jene Lösungen gefunden werden, welche konzeptionell am besten überzeugen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Chance bei einer Direktbeauftragung des „Hausarchitekten“ verpasst wird, ist gross.
> Ein Konkurrenzverfahren entspricht den genossenschaftlichen Prinzipien der Sorgfalt und Nachhaltigkeit: Nicht die erste, sondern die beste Lösung wird ermittelt.
> Ein Konkurrenzverfahren liefert gute Grundlagen für eine Informationsveranstaltung mit den Mitgliedern und BewohnerInnen und für die weitere zielgerichtete Planung.
1 – Beauftragung eines Planungsbüros für die Vorbereitung und Durchführung
Wohnbaugenossenschaften Zürich empfiehlt, zur Vorbereitung und Durchführung eines Konkurrenzverfahrens eine Fachperson oder ein Planungsbüro mit Erfahrung im genossenschaftlichen Wohnungsbau zu beauftragen.
Dafür soll eine Ausschreibung unter mehreren Planungsbüros gemacht werden, um aus verschiedenen Angeboten auswählen zu können. Denn für die Zusammenarbeit zwischen Büro und Bauträger müssen nicht nur der Preis und weitere Bedingungen stimmen. Beide Seiten sollten auch harmonieren, dieselbe Sprache sprechen. Wohnbaugenossenschaften Zürich unterstützt seine Mitglieder gerne bei der Wahl geeigneter Büros, welche entsprechende Mandate bereits erfolgreich abgeschlossen haben.
Das Planungsbüro muss wichtige und anspruchsvolle Aufgaben in der Vorbereitung, bei der Durchführung und zum Abschluss des Konkurrenzverfahrens wahrnehmen. Zum Beispiel muss es planerische sowie baurechtliche Vorabklärungen und weitere entwurfsrelevante Rahmenbedingungen (Lärm, Baugrund, Altlasten usw.) abklären. Dann muss es mit dem gemeinnützigen Bauträger die Zielsetzung und das Raumprogramm des Projekts erarbeiten, das geeignete Verfahren definieren und die Jurymitglieder und teilnehmenden Architekturbüros bestimmen. Vor der Beurteilung durch die Jury muss es prüfen, ob die Eingaben der Architekturbüros die Wettbewerbsvorgaben erfüllen. Es muss die Jurierungstage organisieren und einen Abschlussbericht verfassen.
Ausserdem muss das Planungsbüro mit den für das Verfahren wichtigen Ämtern und Fachstellen (baubewilligende Behörden und weitere) Kontakt aufnehmen und falls nötig zur Beurteilung der Eingaben Expertinnen und Experten beiziehen (Akustik/Lärm, Denkmalschutz, Kostenplanungsteam, Ökologie/Nachhaltigkeit).
Schliesslich kann das Planungsbüro die Genossenschaft auch bei der Kommunikation zum Projekt gegenüber den Mitgliedern und BewohnerInnen unterstützen.
Bereits im Rahmen der strategischen Planung für ein Grundstück oder eine bestehende Liegenschaft wird oft eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, um dessen Potenzial zu ermitteln. Sollte dies noch nicht geschehen sein, wird empfohlen, dies als Vorbereitung des Konkurrenzverfahrens zu tun, damit die baurechtlichen und planerischen Rahmenbedingungen geklärt sind. Eine solche Testplanung oder Machbarkeitsstudie wird in der Regel im Direktaufrag vergeben.
Bei der Wahl der Wettbewerbsart und des Verfahrens steht einerseits die städtebauliche und architektonische Qualität des Bauprojektes im Vordergrund; anderseits muss das Verfahren natürlich gewährleisten, dass die Ziele und Bedürfnisse des Bauträgers erfüllt werden. Der Entscheid für Art und Verfahren hängt vom Stand der Projektentwicklung, von der Fragestellung und von der Grösse und Komplexität des Bauprojektes ab.
Wohnbaugenossenschaften Zürich empfiehlt den Bauträgern, bereits beim Entscheid für die Art des Konkurrenzverfahrens Klarheit über das Realisierungsmodell für die Bauausführung zu schaffen (GU, TU, Architekt?). Je nach gewähltem Modell müssen nämlich bereits im Konkurrenzverfahren Hinweise gemacht und weitere Schritte ausgelöst werden.
Ermittlung des Teilnehmerfeldes
Es wird zwischen offenem, selektivem oder Einladungsverfahren unterschieden.> Beim offenen Verfahren kann das Teilnehmerfeld nur bedingt beeinflusst werden, und es muss mit einer grossen Anzahl von Abgaben gerechnet werden. Es ist möglich, dass ein junges, wenig erfahrenes Architektenteam das Konkurrenzverfahren gewinnt. Dieses müsste dann durch ein erfahrenes Baumanagementbüro ergänzt werden.
> Beim selektiven Verfahren können sich Architektenteams zuerst im Rahmen einer Präqualifikation für die Teilnahme bewerben. Die Jury wird dann anhand der abgegebenen Referenzen eine bestimmte Anzahl Teilnehmer für das Verfahren auswählen. Die Möglichkeit zur Auswahl aus einer grossen Vielfalt von Bewerbungen eröffnet auch die Chance, ein in der Wettbewerbsszene bisher unbekanntes Architektenteam einzuladen.
> Mit dem Einladungsverfahren kann die Jury ein Teilnehmerfeld aus bewährten Architekten bestellen, deren Bauten sie kennt. Diese können ganz gezielt eingeladen werden – zum Beispiel solche mit besonders grosse Erfahrung im gemeinnützigen Wohnungsbau oder in der Ausführung usw.
Anonymität
Konkurrenzverfahren werden in der Regel anonym durchgeführt. Die Beurteilung durch die Jury erfolgt ohne Kenntnis der Urheberschaft.
Nur beim Studienauftrag ist die Urheberschaft der eingereichten Projekte der Jury bekannt. Es ist ausdrücklich erwünscht, ihre Vorschläge in Zwischenbesprechungen zu diskutieren. So kann einerseits die Jury die Entwicklung des Projekts beeinflussen, anderseits können die Teilnehmenden ihre Projektidee vorstellen und begründen. Dabei besteht jedoch das Risiko, dass das Beurteilungsgremium durch die Teilnehmenden beeinflusst wird.
Die Form des Studienauftrags ist vor allem auch bei Aufgaben oder Ausgangslagen angezeigt, die wegen ihrer Komplexität noch nicht klar beschrieben werden können. Dank des dialogischen Verfahrens kann die Aufgabe während der Entwicklung präzisiert werden.
Einstufig oder Mehrstufig
Ist eine Planungsaufgabe sehr komplex, kann ein Verfahren in mehreren Stufen durchgeführt werden. Das Teilnehmerfeld wird dann in der Regel immer kleiner. Neue Teilnehmer sind zwischen den Stufen nicht mehr zugelassen.
Auch bei mehrstufigen Projektwettbewerben sollte gemäss SIA die Anonymität nicht aufgehoben werden. Um sie zu wahren, kann die Abwicklung durch einen Notar erfolgen.
Die verschiedenen Wettbewerbsarten und Verfahren sind in der SIA Ordnung 142/143 geregelt. Wir empfehlen, das Verfahren in Anlehnung an diese Ordnung oder subsidiär durchzuführen. Abweichungen zur SIA-Ordnung gibt es vor allem bei der Zusammensetzung der Jury (Verhältnis Anzahl Sach- zu Fachjuroren) sowie bei der Preissumme oder der Entschädigung der Teilnehmer (minimale Preissumme, Entschädigung in Abhängigkeit von der Bausumme).
Je genauer das Wettbewerbsprogramm (die «Bestellung») Auskunft über die Zielsetzungen der Auftraggeberschaft gibt, desto präziser können die Teilnehmenden ein Projekt erarbeiten, welches diese Kriterien erfüllt. Die Bestellkompetenz ist also für das Gelingen massgeblich verantwortlich.
Deshalb braucht die Erarbeitung des Wettbewerbsprogramms genug Zeit und Sorgfalt. Es soll gemeinsam mit dem Vorstand erarbeitet und eventuell in Workshops oder Arbeitsgruppen mit Bewohnenden bzw. Mitgliedern der Genossenschaft diskutiert und breit abgestützt werden.Das Formulieren des Programms zwingt die Bauherrschaft, bereits in der Planungsphase wesentliche Fragen zur Zielsetzung zu diskutieren und festzulegen. Der SIA stellt, passend zu seiner Ordnung 142/143, eine Wegleitung «Programme für Wettbewerbe und Studienaufträge» zur Verfügung. Insbesondere müssen bei der Formulierung des Wettbewerbsprogramms Aussagen zu folgenden Punkten überlegt und gemacht werden:
Aufgabe und Ziele, Raumprogramm
> Zielpublikum: Single/Paare/Familien, ältere Personen, neue Wohnformen
> Ökonomische Zielsetzung: max. Erstellungskosten/Zielmiete/Einhalten der Limiten der Wohnbauförderung
> Raumprogramm: Wohnungsangebot und Flächenstandard, Gewerbenutzung, Erdgeschossnutzung, Zusatzangebote: Gemeinschaftsraum, Pflegewohngruppe, Kinderkrippe
> Ökologische Zielsetzung: Energiestandard/Nachhaltigkeit
> Aussenraumqualitäten
> Mobilität: Parkplätze, Ladestationen, Velo, Mobility
Bedeutung und Zusammensetzung der Jury
Die Jury besteht in der Regel aus 7 bis 11 Mitgliedern: Vertretung des Bauträgers (Sachjury) sowie Architektinnen und Architekten und weitere Sachverständige (Fachjury).
Sofern ihre Mitglieder (insbesondere die Mitglieder der Fachjury) mit den Besonderheiten und Werten des genossenschaftlichen Wohnungsbaus vertraut sind, können sie beim Festlegen des Wettbewerbsprogramms wertvolle Erfahrungen einbringen. Ihre Qualität entscheidet mit über die Tauglichkeit eines Projekts im Sinne der sozialen, ökonomischen und ökologischen Zielsetzungen des gemeinnützigen Bauträgers.
Bei Arealüberbauungen wird empfohlen, eine Vertretung der baubewilligenden Behörde (in der Stadt Zürich das Amt für Städtebau AfS) in die Jury einzuladen. Diese Behörde muss später im Baubewilligungsverfahren die erhöhten Anforderungen bei Arealüberbauungen nach Planungs- und Baugesetz PBG beurteilen (siehe «Schritt für Schritt zur nachhaltigen Erneuerung»).Wenn sich die Jury nicht eindeutig entscheiden kann, sollte sie keine Empfehlung aussprechen, sondern das Verfahren abbrechen. Beantragt die Jury hingegen die Überarbeitung von zwei oder mehreren Projekten, muss dies mit einem klar formulierten Auftrag verbunden sein. Der Wettbewerb ist dann noch nicht abgeschlossen, sondern wird um eine unvorhergesehene Stufe erweitert.Dem Vorsitz der Jury kommt grosse Verantwortung zu. Er muss professionell moderieren, den zielführenden Dialog und ein gutes Klima ermöglichen und dafür sorgen, dass die Beurteilungskriterien im Wettbewerbsprogramm eingehalten werden. Die Jurierung darf nicht zu einem Expertengespräch verkommen; die Vertretung der Bauherrschaft in der Jury muss genug Zeit und Raum haben, um sich ihre Meinung zu bilden. Dafür braucht es genügend Jurierungstage. Daher lohnt es sich, einen Reservetag einzuplanen, damit die weitreichende Schlussentscheidung allenfalls überschlafen werden kann.
Auswahl der Architekturteams
Auch die Auswahl der Architekturteams verdient grosse Aufmerksamkeit. Der genossenschaftliche unterscheidet sich vom kommerziellen Wohnungsbau – zum Beispiel durch die gemeinschaftsfördernde Architektur und bezüglich der Wirtschaftlichkeit. Wir empfehlen deshalb, zum Verfahren eine Anzahl Büros mit Erfahrung im genossenschaftlichen Wohnungsbau einzuladen. Dennoch sollen auch junge Teams, die noch keinen Leistungsausweis im genossenschaftlichen Wohnungsbau, aber spannende Referenzen mitbringen, eine Chance bekommen. Jeder muss irgendwann seine erste Erfahrung machen. Für den Fall, dass ein solches Team den Auftrag bekommt, soll jedoch schon im Wettbewerbsprogramm die Weiterbearbeitung mit einem Baumanagementbüro vorgesehen werden.
Entschädigung der Architektenteams und Jurymitglieder
Gemäss SIA-Ordnung 142/143 muss die gesamte Preissumme des Verfahrens im Verhältnis zu einer gleichartigen Leistung im Auftragsverhältnis und somit zu den Erstellungskosten des Bauvorhabens stehen. Die Gesamtpreissumme kann als fixe Entschädigung an alle teilnehmenden Büros oder mittels Preisen und Ankäufen verteilt werden. Dies muss im Wettbewerbsprogramm beschrieben sein.
Die Preissumme oder die Entschädigung der Büros kann zwar den hohen Aufwand der Teilnehmenden bei Weitem nicht decken. Dennoch sollte dabei nicht gespart werden. Gemessen an den Gesamtkosten eines Projekts machen die Wettbewerbskosten lediglich 1 bis 1,5 % aus. Der Aufwand für diese wichtige Projektentwicklungsphase lohnt sich.
Die Fachpreisrichterinnen und -richter werden für ihre Aufwände als Expertinnen und Experten in der Regel mit einem Stundenansatz entschädigt (> Empfehlungen zur Honorierung). Die Arbeit des Sachpreisgerichts wird gemäss den individuellen Vereinbarungen mit dem Bauträger vergütet.
Weiterberarbeitung
Das Konkurrenzverfahren wird in der Regel mit der Empfehlung der Jury zur Weiterbearbeitung des Gewinnerprojektes abgeschlossen. Wir empfehlen, die Modalitäten für die Weiterbearbeitung und die Auftragserteilung bereits im Wettbewerbsprogramm festzulegen. Dazu gehören etwa Aussagen zu folgenden Fragen:
> Einfluss auf die Zusammensetzung der Planungsteams
> Festlegung der Honorarkonditionen
> Vorbehalte bei der Ausführung im TU- oder GU-Modell
Beurteilungskriterien
Mit Bekanntgabe der Beurteilungskriterien signalisiert der Bauträger eine Schwerpunkte. Wohnbaugenossenschaften Zürich empfiehlt, neben Städtebau und Architektur folgende Kriterien massgeblich zu berücksichtigen:
> Erfüllung des geforderten Raumprogramms
> Gebrauchswert der Gesamtanlage
> Nachweis der Wirtschaftlichkeit im gegebenen Kostenrahmen
> Nachhaltigkeit: Ökologie und Betriebskosten
> Umgebungs- und Aussenraumqualitäten
> Gemeinschaftsfördernder Siedlungsbau
> Ev. Etappierbarkeit
Wenn die Mitglieder einer Baugenossenschaft an der Generalversammlung (GV) einem Ersatzneubau zugestimmt haben, sind Verwaltung und Baufachleute gleichermassen gefordert. Dieses Kapitel ist ausgerichtet auf den Umgang mit den Bewoh-nenden im speziellen Zeitraum vom Entscheid der GV bis zum effektiven Rückbau der Bestandsliegenschaften.
Und auf die Fragen: Wie und mit welchen Methoden kann das Projekt sozialverträglich ausgestaltet werden? Was ist für die Genossenschafterin, den Genossenschafter zumutbar? Und wie schafft es die Genossenschaft gleichzeitig, das Objekt zum geplanten Baustart frei zu haben? Ausserdem ist es in diesem Zusammenhang auch wichtig, sich vor Augen zu führen, dass eine gelungene Umsiedlung nicht nur im Sinne des jeweiligen Wohnbauträger ist, sondern auch dem Ruf aller gemeinnützigen Vermietenden zugute kommt.
Sind umfassende Sanierungen in einer Siedlung vorgesehen oder wurde der Entscheid zum Rückbau einer Siedlung gefasst, sollte der Zeitraum bis zur Umsiedlung und zum effektiven Rückbau durch die Baugenossenschaft möglichst sozialverträglich gestaltet werden. Damit wird die Baugenossenschaft ihrer gemeinschaftsfördernden Leitidee sowie den darin postulierten sozialen Aspekten für die bisherigen und künftigen Bewohnenden gerecht. Daraus leiten sich die nun folgenden Handlungsfelder ab.
Wichtigste Massnahmen
> Grundsätzlich frühzeitig und transparent informierten. Das erleichtert allen Beteiligten den schwierigen Prozess. Der Informationsfluss sollte wenn möglich auch in den benötigten Fremdsprachen gewährleistet sein.
> Bedürfnisse der Betroffenen in schriftlichen oder mündlichen Befragungen erfassen
> Den erfassten Bedürfnissen entsprechend Ersatzwohnungen zur Verfügung stellen
> Zusammenarbeit mit den Genossenschaften im Quartier oder in der Gemeinde bei der Vermittlung von Ersatzwohnungen
> der Mieterschaft den Auszug organisatorisch und terminlich erleichtern
Zusätzliche Unterstützung
> Einrichtung einer Infolinie, einer direkten Telefonnummer oder E-Mail-Adresse für die Mieterschaft
> Benennung einer Anlaufstelle (Sprechstunde/Mieterbüro) bei Problemen
> Abnahme der Wohnung in besenreinem Zustand
> Bereitstellung einer Mulde für den Abfall
> Bieten von praktischen Hinweisen und Unterstützung beim Umzug
> Abgabe von Informationen zu Umzugsfirmen, Abfall- und Sperrgut, Brockenhäusern etc., aber auch eine Übersicht über Beratungsstellen für verschiedene Zielgruppen wie z. B. Migrantinnen und Migranten, Jugendliche, Behinderte, Betagte etc.
> Abgabe einer Checkliste zur Vorbereitung des Umzugs
> Unterstützung und Sachhilfe für Betagte, Behinderte etc.
Ängste und andere weiche Faktoren berücksichtigen
Es ist davon auszugehen, dass jede Mieterin und jeder Mieter mit verschiedenen Ängsten und Hoffnungen und geprägt durch seine eigene Geschichte vor dieser Herausforderung steht. Es ist hilfreich, wenn sich die Verwaltung der Baugenossenschaft in solchen Erneuerungsprozessen vermehrt als Instanz zeigt, welche neben dem Verwalten selbstverständlich auch Dienstleistungen erbringt. Möglicherweise braucht die Mieterschaft ganz konkrete Hilfe. Es gilt hier, die Sorgen der Siedlungsbewohnenden ernst zu nehmen. Es ist wahrscheinlich, dass der Entscheid, die Wohnung verlassen zu müssen, Trauer, Wut oder starken Widerstand auslöst. Verständnis für die Situation der Mietenden und das Ernstnehmen der Verunsicherung sind wichtige Elemente in der sozialverträglichen Begleitung. Auch bei der Klärung unrealistischer Vorstellungen bezüglich einer Ersatzwohnung ist die Dialogfähigkeit von Vorstand und Verwaltungspersonal gefordert.
Individuelle Lösungen anbieten
Wenn zudem in einer vom Rückbau bedrohten Siedlung Menschen wohnen, welche gesellschaftlich am Rande stehen und über wenig Geld verfügen, haben sie kaum Chancen, innerhalb nützlicher Frist eine bezahlbare Wohnung zu finden. Sie brauchen Unterstützung und individuelle Lösungsstrategien. Auch gilt es, die Kontakte zu Sozialdiensten und den in diesem Bereich tätigen Hilfsorganisationen (am Ende dieses Kapitels) zu vermitteln. Dann stehen die Chancen gut, dass für alle Bewohnenden der Siedlung passende Lösungen gefunden werden.
Anlaufstellen schaffen
Siedlungskommissionen und Hauswartungen können ebenfalls als Anlaufstellen eine Schlüsselrolle übernehmen und damit die Verwaltung und den Vorstand entlasten. Anregungen, Anfragen oder Hinweise aus der Siedlungskommission sollten von der Verwaltung aufgenommen, diskutiert und antizipiert werden. Wenn möglich sollte die Siedlungskommission in den Projektverlauf einbezogen und über den Verlauf, die einzelnen Meilensteine und Projektfortschritte informiert werden. Wichtig ist es auch, mit der Siedlungskommission zu Beginn die Aufgaben und Kompetenzen zu klären, damit Konflikte während des Prozesses vermieden werden können.
Wohnqualität und Nutzung bis zum Rückbau
Ein guter Unterhalt der Siedlung bis zum Abbruch ist enorm wichtig für das Wohlbefinden der Mieterschaft und für das Image der Siedlung gegen aussen. Die Qualität des Prozessverlaufs „Umsiedlung“ ist als Wegbereiter zu verstehen für das Image der neu entstehenden Siedlung. Der Prozess „Umsiedlung“ soll sich positiv auf das umliegende Quartier auswirken.
Je nach Grösse und zeitlichem Rahmen des Projektes ist die Prüfung einer Zwischennutzung sinnvoll. Eine solche kann als Chance betrachtet werden, Raum für kreative Formen und innovative Projekte zur Verfügung zu stellen. Ausserdem würde dadurch auch sichergestellt, dass die Nutzenden – im eigenen Interesse – ein Auge auf die Liegenschaft hätten.
Die Art der temporären Nutzung muss jedoch frühzeitig bestimmt werden, damit die dafür benötigten finanziellen und personellen Ressourcen eingeplant und z. B. über den Baukredit sicher gestellt werden können.
Eine gute Idee wäre z.B. die Nutzung einer leeren Wohnung als:
> Treffpunkt Wohnung“ für die Mieterschaft mit Infokaffee mit Sprechstunde, bei welcher Verantwortliche anwesend sind und Informationen aufliegen oder/und eine Pinnwand für Fragen und Klagen bereit steht
> „Brocki-Wohnung“ mit Bring- und Holmöglichkeiten für Gegenstände, die nicht mehr gebraucht werden, anderen aber nützen können
> Atelier für Kulturschaffende
Wohnbaugenossenschaften Zürich überarbeitet zur Zeit diverse Wegleitungen. Diese werden hier nach und nach aufgeschaltet.
> Wegleitung für den Umgang mit Wohnsiedlungen im kommunalen Inventar für schützenswerte Bauten, Gärten und Anlagen der Stadt Zürich (Nov. 2020)
> Leitfaden «Wohnungsbau an lärmbelasteten Lagen»
> «Wegleitung zum Konkurrenzverfahren» (PDF)
> «Leitfaden zur Mietzinsfestlegung» (PDF)
> Leitfaden «Integration – Ein Zuhause beginnt bei der Willkommenskultur» (< Online) | (PDF >)
> Merkblatt «Was Kinder brauchen und was Wohnbaugenossenschaften bieten können» (PDF)
> Merkblatt «Schlüsselrolle Hauswartung» (PDF)
> Merkblatt «Vandalismus im öffentlichen Raum und in Wohnbaugenossenschaften» (PDF)